Nach 25 Verhandlungstagen hatte der Rosenstingl-Prozess am Mittwoch sein Finale erreicht. Der Schöffensenat (Vorsitz Eva-Maria Seidl) ließ sich zunächst den ehemaligen FP-Nationalratsabgeordneten
Peter Rosenstingl, seinen älteren Bruder Herbert "Hendl" Rosenstingl sowie die weiteren acht Angeklagten noch einmal im Saal 303 vorführen, ehe er sich zur Beratung über Schuld und Strafe zurückzog.
Die Urteile wurden schließlich um 17 Uhr verkündet.
Die Anklage legte dem Ex-Politiker schweren gewerbsmäßigen Betrug und Untreue zur Last. Schadenssumme: 58,6 Mill. Schilling (4,26 Mill. Euro). Einen weit höheren Betrag hatte der frühere
Geflügelhändler Herbert Rosenstingl zu verantworten. Allein dessen Scheckbetrügereien und -"reitereien", bei denen ihm seine Ehefrau Gertrude, der Schwiegersohn und ein Bankangesteller
"assistierten", schlagen sich mit 130 Mill. Schilling (9,45 Mill. Euro) zu Buche.
Um den Bruder vor der letztlich unvermeidlichen Pleite zu retten, hat Peter Rosenstingl diesem im Lauf der Jahre nicht nur mindestens 68 Mill. Schilling (4,94 Mill. Euro) zukommen lassen, er geriet
auch mit dem Gesetz in Konflikt: Unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gelangte er laut Anklage an Kredite, wobei er sich seiner Funktion als Chef des Rings Freiheitlicher Wirtschaftstreibender
(RFW) NÖ bediente.
Auch von der FPÖ Niederösterreich bekam Rosenstingl, der auch Finanzreferent des FP-Parlamentsklubs war, rund 23,5 Mill. Schilling (1,71 Mill. Euro) · "zur Veranlagung", wie Bernhard Gratzer, der
damalige Landesparteiobmann und nunmehrige mit Angeklagte auch im Prozess stets betonte.
Cornelia Gretsch, Peter Rosenstingls Lebensgefährtin, erwartete vor der UIrteilsverkündung "um die sechs Haft". Im Endeffekt sei es aber egal: "Wenn wir eine Nichtigkeitsbeschwerde und eine Berufung
machen, spielt das keine solche Rolle."
Gertrude Rosenstingl, Herberts Ehefrau, wurde zu 15 Monaten bedingt verurteilt, der Kreditvermittler Josef Dinhopel zu drei Jahren. Für einen Geschäftsmann gab es einen Freispruch, die anderen
Angeklagten wurden zum Teil zu bedingten Strafen verurteilt."